Ausgabe 4/2024, Oktober
Aus dem WIdO
Fehlzeiten-Report 2024: Fachkräfte gewinnen und halten
Die Bindung der Beschäftigten an ihre Organisation hat Einfluss auf die Zahl ihrer beruflichen Fehltage. Woran das liegt und welche Faktoren die Bindung stärken, steht im aktuellen Fehlzeiten-Report 2024.
Angesichts des Fachkräftemangels haben Organisationen heute mehr denn je ein Interesse daran, Beschäftigte langfristig gesund und leistungsfähig zu erhalten. Ein zentraler Faktor hierbei ist eine ausgeprägte Bindung der Mitarbeitenden, da eine solche nachweislich die Wahrscheinlichkeit reduziert, die Organisation zu verlassen. Eine repräsentative Befragung unter abhängig Beschäftigten im Auftrag des WIdO im Frühjahr 2024 zeigte, dass ein positives Führungsverhalten und eine Arbeitssituation, die eine gute Passung mit den individuellen Bedürfnissen, Wünschen und Zielen der Beschäftigten aufweist, eine hohe Bindung begünstigen. Eine niedrige Bindung hingegen geht mit mehr Fehl- und Präsentismustagen sowie einer schlechteren Gesundheit einher.
Eine ausführliche Darstellung und weitere Fachbeiträge zum Thema Mitarbeitendenbindung und Gesundheit finden sich im Fehlzeiten-Report 2024. Er gibt darüber hinaus auf Basis aktueller Daten der 15,1 Millionen AOK-Mitglieder einen umfassenden Überblick über krankheitsbedingte Fehlzeiten und berichtet über die Krankenstandsentwicklung in der Bundesverwaltung. Seit 2020 sind zudem Fehlzeiten im Zusammenhang mit Covid- 19-Infektionen und deren Spätfolgen Bestandteil der jährlichen Berichterstattung.
„Die Förderung der Gesundheit von Beschäftigten ist gleichzeitig eine Investition in deren Bindung an die eigene Organisation.“
Dr. Johanna Baumgardt, Forschungsbereichsleiterin Betriebliche Gesundheitsförderung und Heilmittel im WIdO
Gesundheitsatlas: Häufigkeit von Depressionen
Depressionen gehören zu den häufigsten Gesundheitsproblemen in Deutschland. Der diesjährige Gesundheitsatlas macht regionale Unterschiede transparent und trägt zum Erkenntnisgewinn über die psychische Erkrankung bei.
Bei insgesamt 9,49 Millionen Menschen in Deutschland wurde im Jahr 2022 eine Depression diagnostiziert. Damit sind 12,5 Prozent der Bevölkerung von Depressionen betroffen. Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede, wie der Gesundheitsatlas Deutschland zeigt. Während in Heidelberg eine Prävalenz von 8,4 Prozent vorliegt, ist diese in Offenbach mit 17,7 Prozent mehr als doppelt so hoch.
Die am stärksten betroffenen Bundesländer sind das Saarland (14,2 Prozent), Hamburg (13,5 Prozent) und Hessen (13,4 Prozent). Die geringste Häufigkeit findet sich in Sachsen (11,1 Prozent), Mecklenburg-Vorpommern (11,2 Prozent) und Brandenburg (11,4 Prozent). Da sich die Spanne zwischen der geringsten und der höchsten Prävalenz nach Bereinigung um die Alters- und Geschlechtsstruktur erhöht, können demografische Unterschiede der Regionen die unterschiedlichen Prävalenzen nicht erklären. Betrachtet man die mehr als 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland, finden sich besonders hohe Depressionsprävalenzen im Westen und in der Mitte Deutschlands sowie im Norden und Osten Bayerns. Menschen in Metropolen wie Berlin und Hamburg sind stärker betroffen als in ländlichen Kreisen. In Regionen, in denen viele Patientinnen und Patienten mit Angststörungen oder Rückenschmerzen leben, ist die Depressionsprävalenz höher als dort, wo solche Gesundheitsprobleme weniger häufig sind.
In jüngeren Altersgruppen sind Depressionen noch selten, doch steigt die Prävalenz mit zunehmendem Alter an. Frauen sind in allen Altersgruppen häufiger betroffen als Männer. Der höchste Wert entfällt mit 27,7 Prozent auf Frauen im Alter von 80 bis 84 Jahren; die höchste Prävalenz bei Männern zeigt sich in der Altersgruppe ab 90 Jahren (17,6 Prozent).
Die WIdO-Themen zum Herunterladen
Analysen – Schwerpunkt: Fachkräftemangel
Prognosen der Fachkräftesituation im Gesundheitswesen
Rebekka Müller-Rehm und Nils GutackerVielfältige Einflussfaktoren auf der Angebots- und auf der Bedarfsseite müssen mit geeigneten Modellen abgebildet werden, um umfassende Prognosen der Fachkräftesituation im Gesundheitswesen vornehmen zu können. Solche Prognosen sind wichtig, um möglichen Fachkräfteengpässen entgegenwirken oder vorbereitende Maßnahmen ergreifen zu können. Die Nützlichkeit von Vorhersagen hängt vor allem von der zu beantwortenden Frage, von den getroffenen Annahmen und von den verwendeten Daten ab. Ein besonderes Augenmerk sollte auf Reformen des Gesundheitssystems gelegt werden: Sie sind zur Verbesserung der Fachkräftesituation besonders wichtig; gleichzeitig ist ihre Berücksichtigung in Prognosen besonders anspruchsvoll. Die bestehenden guten Ansätze zum Monitoring und zur Prognose der Fachkräftesituation im deutschen Gesundheitswesen sollten verstetigt und kontinuierlich weiterentwickelt werden, damit politische Entscheidungen auf der bestmöglichen Evidenzgrundlage getroffen werden können.
Interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheitswesen
Patricia Hänel und Jens StüweDie interprofessionelle Zusammenarbeit im Gesundheitswesen wird international und in Deutschland als wichtige Weiterentwicklung in der Gesundheitsversorgung gesehen. Sie hat die Potenz, die Versorgung von Patientinnen und Patienten sowie die Arbeitszufriedenheit von Gesundheitsfachkräften zu verbessern. Um sie effizient zu gestalten, werden Maßnahmen in acht Feldern vorgeschlagen: Kommunikation, gemeinsame Ziele, Förderung von Vertrauen und Wertschätzung, Aufgabenverteilung, Rollenklärung, Kooperationsbereitschaft, gemeinsame Dokumentation sowie Fortbildung und Training. Viele dieser Voraussetzungen können in Deutschland noch verbessert werden.