Ärztliche Versorgung im Pflegeheim
Bedarfsgerechtigkeit der medizinischen Versorgung Pflegebedürftiger in stationären Einrichtungen (MVP-STAT)
Pflegebedürftige Menschen in Pflegeheimen haben einen anderen Zugang zur medizinischen Versorgung als Nichtpflegebedürftige. Das liegt an ihrer meist eingeschränkten Mobilität, der Multimorbidität, den kognitiven Einschränkungen und der Wohnsituation in einem institutionellen Setting. Im Rahmen des Projektes „Bedarfsgerechtigkeit der medizinischen Versorgung Pflegebedürftiger in stationären Einrichtungen“ (MVP-STAT), das durch den Innovationsfonds gefördert wird, sollen Wissenschaftler die aktuelle Versorgungssituation Pflegebedürftiger analysieren und konkrete Versorgungsdefizite identifizieren.
Das Projekt soll im Einzelnen:
- Unterschiede in der haus- und fachärztlichen Versorgung von Pflegebedürftigen in Pflegeheimen im Vergleich zu Pflegebedürftigen im ambulanten Bereich sowie Nichtpflegebedürftigen erfassen,
- Über-, Unter- und/oder Fehlversorgung identifizieren und bewerten,
- das Vorliegen von bedarfsgerechter oder nicht bedarfsgerechter Versorgung prüfen und erklären,
- auf Basis der ermittelten Versorgungsdefizite Verbesserungspotenziale und Lösungsansätze ableiten sowie ein Modellprojekt entwickeln (Delphi-Verfahren).
Das bis 2020 laufende dreijährige Projekt MVP-STAT wird am SOCIUM (Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik) der Universität Bremen in Kooperation mit dem WIdO, dem Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) und dem Kompetenzzentrum für Klinische Studien Bremen (KKSB) durchgeführt. Am Projekt beteiligen sich außerdem die AOK Bremen/Bremerhaven, die AOK Niedersachsen, die Bremer Heimstiftung, der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), die LandesArbeitsGemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen (LAG) und der Hausärzteverband Bremen.
Routinedatenbasierte Analysen zur ärztlichen Versorgung
Im Rahmen des Projektes MVP-STAT analysierte das WIdO auf Basis von Routinedaten des Jahres 2015 die fachärztliche Patientenversorgung. Beschreibende Analysen zeigen relevante Unterschiede sowohl zwischen Nichtpflegebedürftigen und Pflegebedürftigen als auch zwischen den Pflegebedürftigen untereinander. Die Ergebnisse bestätigen sich auch dann, wenn Aspekte wie Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen bei den Analysen berücksichtigt werden. Menschen, die in Pflegeheimen leben, konsultieren mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit einen Facharzt als Nichtpflegebedürftige mit ähnlichen Erkrankungsmustern. Das gilt bei der Versorgung durch Kardiologen, Orthopäden, Augenärzte, Urologen, Gynäkologen, Dermatologen sowie HNO-Spezialisten, Pneumologen und Zahnmedizinern. Bei Internisten ist es abhängig von der Erkrankung, bei der chirurgischen und nephrologischen Versorgung zeigen sich keinerlei signifikanten Unterschiede. Eine Ausnahme bilden die Neurologen und Psychiater, die Pflegebedürftige in Pflegeheimen häufiger konsultieren als ambulant versorgte Pflegebedürftige oder Nichtpflegebedürftige.